Die Geschichte Friedenstals

Friedenstal war ein Ort, der erst einige Jahre nach der deutschen Besiedlung des Schwarzmeergebietes gegründet wurde. Die Kolonie entstand wahrscheinlich in den 1860er-Jahren durch den Ankauf von Land durch deutschstämmige Kolonisten aus dem Glückstaler Gebiet. Bis 1944 war Friedenstal wahrscheinlich durchgehend überwiegend von deutschen Familien besiedelt, die hier vor allem Landwirtschaft und Weinbau betrieben.

Die Einwohner des Ortes bauten ihn rasch zu einem der fortschrittlichsten in der Umgebung aus. Die landwirtschaftlichen Produktionsgüter der Friedenstaler kamen als hoch angesehene Ware bis auf den Markt nach Odessa. Im Dorfmittelpunkt entstand 1911/12 die evangelisch-lutherische Kirche, die von zahlreichen Familien der Umgebung genutzt wurde. Zu Sowjetzeiten wurde Friedenstal nach dem Rajonszentrum Krasnye Okny als zweites elektrifiziert, ebenso betrieb der moldauische Spirituosenhersteller Moldvintrest hier in den 1930er/1940er-Jahren ein Weinkombinat.

Nach der Umsiedlung der deutschen Bevölkerung im März 1944 wurden in Trechgrady vor allem ukrainische Familien aus entfernteren Regionen in den Häusern der Deutschen angesiedelt. Da diese Familien meist mit der bisherigen Bewirtschaftung des Ortes (Landwirtschaft, Wein-, Obst- und Gemüsebau) wenig vertraut waren, wurde der Ort allmählich heruntergewirtschaftet. Mangels Pflege und Interesses am Erhalt verfielen die Häuser zunehmend, Holz von Häusern und Zäunen wurde im Winter als Brennmaterial verwendet. Auch die restliche „Infrastruktur“ im Ort verfiel – von der einst prächtigen Kirche und dem Gebäude des Weinkombinates existieren nur noch die Grundmauern.
Heute ziehen die noch verbliebenen Familien zunehmend aus dem Ort, da es dort keine versprechenden beruflichen Perspektiven gibt und es an Möglichkeiten der Grundversorgung fehlt.

Über Friedenstal wurde im 2007 erschienenen Buch „Zwischen Moldau und Ukraine. Erinnerungen an die deutschen Kolonien im Glückstaler Gebiet“ von Eduard Mack (1918-2011) berichtet. Die darin enthaltenen Informationen wurden anhand von einzelnen Erinnerungen ehemaliger Bewohner zusammengestellt und sollen hier weiter ergänzt werden.

Administrative Zugehörigkeit (bis 1944)

Seit der Zeit des Russischen Kaiserreiches und bis 1920 gehörte Friedenstal (Trechgrady) zur Wolost Malajeschty-II im Ujesd Tiraspol des Gouvernements Cherson.

Mit Beschluss des Allukrainischen Revolutionskomitees vom 28. Januar 1920 wurde das Gouvernement Cherson geteilt und das Gouvernement Odessa gegründet, dem ehemalige Gebiete des Gouvernements Cherson zugesprochen wurden. Gemeinsam mit dem Ujesd Tiraspol kam Friedenstal zum Gouvernement Odessa.

Am 7. März 1923 wurde durch das Allukrainische Zentrale Exekutivkomitee die Gliederung des Gouvernements Odessa verändert. Die ehemaligen Ujesde nach zaristischem System wurden aufgelöst und Bezirke (Okruge) gebildet. Sie wurden in Kreise (Rajone) untergliedert. Hierbei wurde auch der Rajon Dubossary gegründet, in dem die ehemaligen Woloste Dojbany, Lunga und Malajeschty-II zusammengefasst wurden.

Am 12. Oktober 1924 wurde die Autonome Moldauische Sozialistische Sowjetrepublik (AMSSR) gegründet, zu der auch das Gebiet um Trechgrady kam. 1926/27 kam es zu einer Veränderung der Gebiete der Rajone Dubossary und Krasnye Okny, wodurch Trechgrady Teil des Rajon Krasnye Okny wurde. Mit Inkrafttreten der neuen Sowjetischen Verfassung am 5. Dezember 1936 wurde die AMSSR in die Moldauische Autonome Sowjetische Sozialistische Republik (MASSR) umbenannt.

Nach der Eingliederung Bessarabiens in die Sowjetunion wurde die MASSR am 2. August 1940 aufgelöst. Das ehemalige Gebiete der autonomen Sowjetrepublik wurde zwischen der neuentstandenen Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik (MSSR) und der Oblast Odessa in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik (USSR) aufgeteilt. Der Rajon Krasnye Okny kam an die Oblast Odessa, womit Trechgrady Teil der Ukraine wurde.

Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg wurde der Ort am 4. August 1941 eingenommen. Das Gebiet wurde Teil des „Gouvernements Transnistrien“, das an Rumänien angeschlossen wurde (völkerrechtlich nicht anerkannt). Der Rajon Krasnye Okny wurde als „Rajon Ocna“ in den Județul Dubăsari eingegiedert.

Nahegelegene Ortschaften

In der Umgebung Friedenstals lagen zahlreiche Orte. Bei einigen von ihnen handelte es sich nur um kleine Chutory (in denen u. a. auch deutsche Familien lebten), andere Orte waren größer und älter und sind auf Grundbesitzer zurückzuführen. Noch in der Sowjetzeit entstanden Ortschaften in der Umgebung von Trechgrady (z. B. Dnestrowez und Uljanowka). Viele dieser Orte verloren durch den Zweiten Weltkrieg einen Großteil ihrer Einwohner und verschwanden später langsam von den Landkarten.

Benachbarte Ortschaften:

  • Wyschino (Hermannstal), 1,5 km – heute Wyschyne
  • Dnestrowez, 1,5 km – heute Dnistrowez
  • Uljanowka, 3 km – heute Uljaniwka
  • Huljanka (Grigoropawlowka), 3,5 km – heute Huljanka
  • Budajeschty, 4 km – heute Budajiwzi
  • Jelenowka (Lenintal/Neuland), 4 km – Ort erloschen (?)
  • Brynsa (Hirschberg), 4,5 km – Ort erloschen
  • Semjonowka, 5 km – heute Nowosemeniwka
  • Woltschje/Woltschanka (Klein Glückstal), 5 km – Ort erloschen (1996)
  • Jelenokorizkoje (Jelenowka-Korizkogo), 6 km – Ort erloschen (1983)

In der Umgebung befanden sich auch zahlreiche von Deutschen besiedelte Orte oder die zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstandenen Mutterkolonien:

  • Hermannstal* (Wyschino), 1,5 km – heute Wyschyne
  • Mariental (Perikleja), 2 km – Ort erloschen**
  • Lenintal/Neuland (Jelenowka), 4 km – Ort erloschen (?)
  • Hirschberg* (Brynsa), 4,5 km – Ort erloschen
  • Klein Glückstal (Woltschje/Woltschanowka), 5 km – Ort erloschen (1996)
  • Wilhelmsaue* (Desinerowo), 9 km – Ort erloschen (1987)
  • Bergdorf (Kolosowo), 10 km – heute Colosova
  • Sofiental (Sofijewka), 11 km – heute Nowosamarka
  • Marienberg, 20 km – heute Nahirne
  • Neudorf (Karmanowo), XX km – heute Carmanova
  • Glückstal (Glinoje), XX km – heute Hlinaia
  • Klein Bergdorf (Malaja Kolosowka), XX km – heute Crasnoe
  • Krontal (Timusch), XX km – Ort erloschen

* Deutschsprachiger Ortsname vor 1941 nicht nachgewiesen
** Erloschen im 19. Jahrhundert

Einwohnerentwicklung

Erste konkrete Einwohnerzahlen liegen aus dem Jahr 1887 vor. Da nach Schätzung des Glückstaler Pastors Schrenk in Friedenstal und Mariental im Jahr 1880 etwa 200 (deutsche) Personen lebten, wird es sich bei einem Großteil der Einwohner 1887 um Menschen anderer Nationalität gehandelt haben. Seit 1896 stellten vor allem Deutsche die Mehrzahl der Einwohner des Ortes.

Jahr Einwohnerzahl Männlich Weiblich Anzahl der Haushalte
1887¹
456 241 215
1896²
217 108 109 39
1906³
550 300 250 86
1916⁴ 529 234 295 99
1920⁵ 656 313 343 126
1943⁶ 790
¹ Chersonskij gubernskij statističeskij komitet: Spisok naselennych mest Chersonskoj gubernii, Tipografija Chersonskogo gubernskogo pravlenija, Cherson 1888, str. 12/5.
² Chersonskij gubernskij statističeskij komitet: Spisok naselennych mest Chersonskoj gubernii, Tipografija gubernskogo pravlenija, Cherson 1896, str. 367.
³ Tiraspol’skaja uezdnaja zemskaja uprava: Spisok naselennych punktov i nekotoryja spravočnyja dannyja po Tiraspol’skomu uezdu Chersonskoj gubernii, Odessa 1907, str. 92.
⁴ Chersonskaja gubernskaja zemskaja uprava: Spisok naselennych mest Chersonskoj gubernii, Aleksandrija 1917, str. 308.
⁵ Odesskoe gubernskoe statističeskoe bjuro: Spisok naselennych punktov i čislennost‘ naselenija Odesskoj gub. po dannym vserossijskoj professional’no-demografičeskoj perepisi 28 avg. 1920 g., Odessa 1922, str. 16-17.

Varianten des Ortsnamens

In vielen Dokumenten finden sich verschiedenste Schreibweisen des amtlichen Ortsnamens „Trechgrady“ (russ. Трехграды/ukr. Трехгради) bzw. Friedenstal (russ. Фриденсталь/ukr. Фріденсталь).

Trechgrad (russ. Трехград)
Trechgrada (russ. Трехграда)
Trechgrady (russ. Трехграды)
Tregrad (russ. Треград)
Tregrady (russ. Треграды)
Trigrad (russ. Триград)
Trigrady (russ. Триграды)
Trograd (russ. Троград)
Trogrady (russ. Трограды)

Friedenstal in heutigen Zeiten

Heute gehört der Ort Tryhrady (ukr. Тригради) zum Rajon Podilsk in der Oblast Odessa und wird vorwiegend von ukrainischen Familien bewohnt. Die Weinberge im Ort sind verschwunden, viele Häuser stehen leer und von den ehemaligen Mittelpunkten des Ortes (die Kirche, das Weinkombinat) sind nur Ruinen erhalten. Auch die deutschen Gräber auf dem Dorffriedhof sind restlos beseitigt worden.

In Tryhrady ist man sich jedoch der deutschen Vergangenheit bewusst. Im Eingangsbereich der Tryhrader Schule befindet sich ein Plakat über die ehemaligen Einwohner, mit Aushang von alten Fotos und dem rekonstruierten Ortsplan.

Einige Häuser der ehemaligen deutschen Ansiedler sind noch erhalten geblieben; das ehemalige Haus der Familie von Christian Schock wurde über Jahre hinweg als Schulgebäude benutzt. Auch die verzierten Mauern, die die Grundstücke von der Hauptstraße abtrennten, sind streckenweise noch vorhanden. Seit den frühen 2000er-Jahren ist eine neuerrichtete Schule Mittelpunkt des Ortes.

Tryhrady im September 1970
Foto: H. Leicht