Friedenstal während des 2. Weltkrieges​

Bis in den Sommer 1941 hinein spürten die Einwohner des Ortes wenig vom in Europa herrschenden Krieg.

Im August 1941 rückten die rumänisch-deutschen Truppen bis in das Gebiet Odessa vor und nahmen Friedenstal am 4. August 1941 ein. Nach Bericht des sowjetischen Militärs veranstalteten die deutschen Truppen noch am selben Abend ein „Fest“ im Ort, das jedoch von den Sowjets beschossen wurde.

Die deutschen Einwohner Friedenstals waren in Anbetracht der vergangenen Repressionen durch den Sowjetstaat, die Enteignungen und der erzwungenen Kollektivwirtschaft überwiegend erleichtert, nun von den Schrecken der Sowjetherrschaft befreit zu sein. Gleichzeitig herrschte aber großes Unwohlsein bezüglich des Krieges.

Bürgermeister Friedenstals und Vertrauensmann für die deutschen Dienststellen wurde in dieser Zeit Jakob Riegel (* 1916). Gemeindeschreiber war der ausgebildete Buchhalter Daniel Kess (1908-1968).

Dokument, das Jakob Riegel als Bürgermeister von Friedenstal auswies
Original: BArch, R 9361-IV/82249

Am 13. Oktober 1941 wurde eine Vereinbarung zwischen rumänischer und deutscher Seite geschlossen, wonach „die Führung der Volksdeutschen in Transnistrien […] grundsätzlich bei der Volksdeutschen Mittelstelle“ lag. In dieser Folge wurden den „Volksdeutschen“ durch die örtlichen Bereichskommandos der Volksdeutschen Mittelstelle sogenannte Volkstumsausweise ausgegeben. Hierdurch blieben die deutschen Einwohner vor so mancher Willkür der Rumänen weitestgehend verschont.

Die Verbrechen des Nationalsozialismus

Verhaftung und Erschießung von Kommunisten

Bereits kurz nach der Einnahme des Rajons Krasnye Okny wurden ehemalige Kolonisten (nun Volksdeutsche genannt) als eine der ersten Menschen im Rajon zum Opfer des Nationalsozialismus. Am 6. September 1941 kamen „deutsche Polizisten“ in den Ort und verhafteten unter Zuhilfenahme des Selbstschutzes sechs Mitglieder der kommunistischen Partei (Bolschewiki): Idel Hozkosik (Vorsitzender des Dorfsowjets), Wilhelm Engel (Stellvertretender Vorsitzender des Kreisexekutivkomitees), Albert Schmitt (Schmidt) (Vorsitzender des Karl-Liebknecht-Kolchos), Jakob Maier und Johann Alexander.

Sie wurden nach Dubossary gebracht und dort durch die Gestapo verhört.

Hozkosik (zusammen mit Frau und zwei Kindern – der dritte Sohn Abram befand sich als Rotarmist an der Front), Maier, Schmitt und Alexander wurden durch die Waffen-SS erschossen. Engel wurde an einem Baum bei der städtischen Polyklinik gehängt.

In dieser Zeit wurden noch drei weitere Deutsche aus Neudorf erschossen.

Später wurden andere Personen jüdischen Glaubens verhaftet und in Dubossary in Massenerschießungen hingerichtet.

Nach Rückzug der deutsch-rumänischen Besatzer wurde eine Kommission gegründet, die am 8. August 1944 eine Liste über die Opfer der deutsch-rumänischen Besatzung erstellte. In ihr sind folgende Personen aufgeführt:

  • Engel, Wilhelm (d. Wilhelms) (1902-1941), wohnh. in Friedenstal, ehem. Vorsitzender des Dorfsowjets
  • Furman, Herschel (d. Moisej) (1904-1941), wohnh. in Hermannstal, Mitglied des Kirow-Kolchos, mit Familie (4 Personen)
  • Hozkosik, Idel (d. Izik) (1882-1941), Vorsitzender des Dorfsowjets, mit Familie (3 Personen)
  • Maier, Jakob (d. Jakobs) (1904-1941), wohnh. in Friedenstal, Viehzüchter im Karl-Liebknecht-Kolchos
  • Müller, Josef, Mitglied des Kolchos
  • Onischtschenko, Iwan (d. Kuprijan) (1910-1941), wohnh. in Hermannstal, Mitglied des Kirow-Kolchos
  • Schmitt (Schmidt), Albert (d. Johanns) (1897-1941), wohnh. in Friedenstal, Vorsitzender des Karl-Liebknecht-Kolchos
  • Simonow, Petr (d. Iwans) (1906-1941), wohnh. in Hermannstal, Vorsitzender des Kirow-Kolchos
  • Speidel, Michael (d. Michaels) (1879-1941), wohnh. in Friedenstal, Tierarzt im Kirow-Kolchos

In der Liste fehlt:

  • Alexander, Johann (d. Karls) (1893-1941), wohnh. in Friedenstal

Quelle: Gosudarstvennyj archiv Rossijskoj Federacii (GARF), F. R-7021, Op. 69, D. 84, L. 361.

Liste der am 6. April 1943 in die Waffen-SS einberufenen Friedenstaler

Angaben zum Kriegsteilnehmer
(Name, Geburtsdatum, Funktion)
Regiment Einsatzorte Verbleib
Albrecht, Eduard (d. Wilhelms)
geb. 03.04.1921 Friedenstal
SS-Reiter
SS-Kavallerie-
Regiment 17
Ukraine Gefallen
Kowel
21.03.1944
Bischof, Albert
geb. Friedenstal
Ist er der Sohn von Luisa Bischof geb. Bonnet?
Sie hatte einen Sohn namens Albert Schmidt,
Daten unbekannt!
Bossert, Adolf (d. Gottliebs)
geb. 1924 Klein-Glückstal
Bossert, Emil (d. Gottliebs)
geb. 1920 Klein-Glückstal
Duflott, David (d. Michaels)
geb. 25.06.1919 Glückstal
SS-Reiter
Ukraine Gefallen
Kowel
22.03.1944
Fauth, Friedrich
geb. Friedenstal
Gärtner, Heinrich (d. Heinrichs)
geb. 13.08.1924 Friedenstal
SS-Reiter
Ukraine Gefallen
Kowel
18.03.1944
Jenner, Albert (d. Johanns)
geb. 27.11.1924 Friedenstal
Jenner, Reinhold
geb. Friedenstal
Kraus, Johann (d. Johanns)
geb. 14.03.1922 Friedenstal
Leno, Rudolf (d. Adams)
geb. 04.02.1925 Friedenstal
Lindemann, Johann (d. Friedrichs)
geb. 1918 Friedenstal
Mayer, Wilhelm
geb. Friedenstal
Müller, Eduard
geb. Friedenstal
Neumüller, Wilhelm
geb. Friedenstal
Riegel, Eduard
geb. Friedenstal
Riegel, Emil (d. Christians)
geb. 02.08.1920 Friedenstal
Rohrer, Waldemar
geb. Friedenstal
Roll, Hilmar (d. Jakobs)
geb. 01.05.1924 Friedenstal
Vermisst
1945
Schmidt, Albert (d. Peters)
geb. 08.12.1918 Friedenstal
Schmitt (Schmidt), Albert (d. Johannes)
geb. 30.07.1921 Friedenstal
Schock, Eugen (d. Johannes)
geb. 1925 Friedenstal
Schock, Reinhold (d. Jakobs)
geb. 14.04.1922 Friedenstal
Schock, Reinhold (d. Johannes)
geb. 1923 Friedenstal
Vermisst
Stohler, Eduard (d. Friedrichs)
geb. 10.08.1922 Friedenstal
Stohler, Rudolf (d. Johanns)
geb. 12.07.1925 Friedenstal
Stotz, Eduard (d. Christians)
geb. 20./21.11.1916 Friedenstal
Wall, Gotthilf (d. Gustavs)
geb. 08.03.1918 Friedenstal
Wahler, Eduard (d. Peters)
geb. 09.09.1923 Friedenstal
Witt, Eduard (d. Eduards)
geb. 02.11.1921 Friedenstal
SS-Sturmmann
SS-Kavallerie-
Regiment 17
Ungarn Verwundet
Dunaharaszti
08.11.1944
Wolf, Reinhold (d. Friedrichs)
geb. 10.12.1925 Friedenstal
Stand: Januar 2025
Quelle: Eduard Mack: Zwischen Moldau und Ukraine, Erinnerungen an die deutschen Kolonien im Glückstaler Gebiet, Ravensburg 2007, S. 133 (Zusammengetragen von Zeitzeugen) sowie weitere Recherchen

Umsiedlung in das Wartheland

Bereits mit der deutschen Invasion der Sowjetunion und der Besetzung des Schwarzmeergebietes im Sommer 1941 kamen (wohl auch aufgrund der im Herbst 1940 in Folge des Hitler-Stalin-Paktes stattgefunden Umsiedlung der Bessarabiendeutschen) Gedanken über eine mögliche Umsiedlung in das Deutsche Reich auf.
Die Friedenstaler standen einer solchen Idee eher kritisch gegenüber – sie alle wollten ihre Heimat nicht aufgeben. Doch die stalinistischen Repressionen und die Zwangskollektivierung waren ihnen noch immer vor Augen und niemand wollte sich ausmalen, was passieren würde, wenn die „Volksdeutschen“ wieder in die Hände der Sowjets kamen. 

Die Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Stalingrad am 2. Februar 1943 stellte den zentralen Wendepunkt an der Ostfront des Zweiten Weltkriegs dar. Die sowjetische Armee konnte hiernach allmählich Territorien zurückgewinnen. Ab Herbst 1943 wurden die Stimmen über eine mögliche Umsiedlung immer lauter.

Am Sonntag, 12. März 1944, kam erstmals der Befehl, die Volksdeutschen auf eine Umsiedlung (Evakuierung) auf deutsches Territorium vorzubereiten. Es wurde die Alarmstufe 4 ausgerufen. Die Deutschen begannen, ihr Hab und Gut auf Planwägen zu verstauen; es konnte jedoch nur das Nötigste mitgenommen werden. Denjenigen Familien, die über keine eigenen Pferde oder Planwägen verfügten, wurde von deutscher Seite entsprechendes Utensil zur Verfügung gestellt.

Nach mehrfachem Rückstellen des Aufbruchdatums kam schließlich am 16. März 1944 der schwere Abschied der Friedenstaler von ihrem Heimatort. Alte und Kranke wurden zuvor separat mit dem sogenannten Sanitätstransport per Zug abtransportiert.

Bei wechselhaftem Wetter (resultierend in oft matschigen und nassen Straßen) wurde auf Straßen unterschiedlicher Qualität gewandert. Der Treck zog in Richtung Süden, überquerte bei Tiraspol den Dnjester, zog durch Bessarabien, die Dobrudscha, Bulgarien und Rumänien. In Jasenovo (Serbien) wurden sie in Züge verladen und in das deutsch besetzte Wartheland gebracht.

In dieser „Rückführung der Transnistriendeutschen“ wurden insgesamt etwa 135.000 Personen umgesiedelt. Auch wenn von deutscher Seite versucht wurde zu präsentieren, in welch einer Präzision die Umsiedlung geplant wurde, so nahmen die Familien diese als eher chaotisch wahr. Anfangs wurde angekündigt, dass die Deutschen mit Pferden und Wägen bis Galatz a. d. Donau (im Osten Rumäniens) fahren und schließlich auf Schiffen nach Wien gebracht werden sollten. Schließlich lief es darauf hinaus, dass die Deutschen bis Ostserbien ziehen mussten. Rumänien erschwerte die Situation, verbat oftmals die Einfuhr der Trecks in Dörfer, die Bewohner waren nicht selten unhöflich…

Notizen:

Treck wurde bewacht, Selbstschutz war anwesend. Zur Zeit der Umsiedlung war immer wieder schlechtes Wetter. Schlechte, durch das Wetter matschige, Straßen. Unterschiedliche Qualität der Wege. Zu Fuß an den Wägen entlang oder selten auf den Wägen drauf. Behandlung durch Rumänen war schlecht. Man wurde entweder bei ansässigen Familien untergebracht oder musste unter freiem Himmel schlafen. Angeblich fuhr den Siedlern eine deutsch-rumänische Kommission hinterher, die den Schaden ausglich, den die Umsiedler verursachten. Trecks wurde in Kolonnen eingeteilt, die Kolonnen wiederum in Gruppen.

Der Treck fuhr in südwestliche Richtung: über die bessarabischen Kolonien nach Galatz. Über die Donau in die Dobrudscha.

Mit dem Fall von Warschau am 17. Januar 1945 begann die chaotische und unorganisierte Flucht der im Wartheland lebenden Deutschen in Richtung Westen.

Liste der im Juli 1944 zum Arbeitseinsatz einberufenen Friedenstaler

o. D.

  • Wahler, Albert (d. Daniels) (1914-?)

29.07.1944

  • Wahler, Jakob (d. Peters) (1914-?)

31.07.1944

  • Eppler, Johann (d. Adams) (1907-?)
  • Kogler, Friedrich (d. Johanns) (1907-1977)
  • Martel, Johann (d. Johanns) (1908-?)
  • Martel, Reinhold (d. Johanns) (1914-1958)
  • Schmitt (Schmidt), Friedrich (d. Johannes) (1903-1987)
  • Schmitt (Schmidt), Robert (d. Johannes) (1911-?)
  • Schock, Rudolf (d. Christians) (1911-1978)
  • Wahler, Eduard (d. Jakobs) (1895-1948)
  • Weisert, Philipp (d. Philipps) (1911-?)

Liste der 1944/45 in die Wehrmacht/Waffen-SS/den Volkssturm einberufenen Friedenstaler (unvollständig)

  • Oswald, Gottlieb (d. Eduards) (1915-1981), seit 04.08.1944
  • Schmitt (Schmidt), Rudolf (d. Johannes) (1924-?)
  • Schock, Adolf (d. Johannes) (1927-1945)*
  • Schock, Christian (d. Jakobs) (1922-1945)*
  • Wahler, Woldemar (d. Eduards) (1929-1957)
  • Witt, Eduard (d. Karls) (1891-1978)
  • Witt, Eugen (d. Eduards) (1928-2017)